Bangkok, die Silvester-Hochburg in Südostasien

Bereits seit einigen Jahren ist Bangkok eines der beliebtesten Reiseziel für hunderttausende Touristen, die den Jahreswechsel in Südostasien erleben möchten. Neben riesigen Silvesterfeiern mit gigantischen Feuerwerken hat Bangkok aber (an Silvester) vor allem auch sommerlich warme Temperaturen zu bieten.

Während man sich in Europa und Nordamerika meist kaum ohne Mütze, Schal und Handschuhe aus dem Haus traut, kann man in Bangkok stattdessen mit T-Shirt, kurzer Hose und Flip-Flops auf das neue Jahr anstoßen.

Letztes Jahr folgte sogar der Ritterschlag für Bangkok: Die Countdown-Feier wurde erstmals live im amerikanischen Fernsehen übertragen – eine unglaublich große Ehre, die nur wenigen außeramerikanischen Städten zu Teil wird. Dementsprechend hoch waren auch dieses Jahr die Erwartungen und viele Touristen haben ihre (Silvester)Reise nach Bangkok schon früh im Voraus geplant. Damals konnte jedoch noch niemand ahnen, dass dieses Mal alles anders sein würde.

Warum war 2016 anders?

Im Oktober 2016 verstarb der thailändische König Bhumibol Adulyadej nach langer Krankheit im Alter von 89 Jahren. Mit einer Regierungszeit von 70 Jahren war er zu seinem Tod das am längsten amtierende Staatsoberhaupt der Welt.

Was hat das aber nun mit Silvester in Bangkok zu tun? Hierzu muss man wissen, dass der König in Thailand aufgrund seiner Verdienste für das Land und die Bevölkerung extrem beliebt war und deshalb sehr stark verehrt – oder besser gesagt vergöttert wurde. Es gibt wohl kaum eine thailändische Wohnung, in der nicht Bilder oder andere Accessoires der Königsfamilie zu finden sind.

Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass die Regierung in Folge des Todes des Königs eine einjährige Trauerzeit angeordnet hat. Besonders in den ersten 30 Tagen nach seinem Tod wurden hierbei weitreichende Maßnahmen eingeleitet.

Theateraufführungen und Konzerte wurden abgesagt, Bars und Clubs blieben geschlossen. Fernsehsender zeigten nur noch Berichte über den König – in schwarz-weiß – und die Bevölkerung wurde angewiesen sich angemessen zu kleiden. Kurz: Das öffentliche Leben lag für einige Zeit darnieder. Zwar sind diese 30 Tage nun vorbei, die offizielle Trauerphase geht aber weiter und wird auch wirklich praktiziert. Seit dem Tod des Königs reisen Millionen (!)Thais von allen Ecken des Landes nach Bangkok, um dem König Respekt zu zollen.

Zwar ist das für uns in Deutschland nur sehr schwer nachvollziehbar, hier aber absolut selbstverständlich. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass sich die thailändische Regierung im Zuge des Todes des Königs dazu entschieden hatte, die Silvesterfeierlichkeiten 2016/2017 stark einzuschränken. Besonders große Veranstaltungen, wie der Countdown im World Center wurden sogar komplett abgesagt. Feuerwerke sollte es nicht geben. Stattdessen wurden riesige Gedenkfeiern unter dem Motto „Kerzenschein in Siam [Anmerkung: Bezirk in Thailand]“ und „Nation, Religion und Monarchie“ organisiert, an denen Hundertausende (hauptsächlich Thais) teilnahmen.

Obwohl wir all das schon im Vorhinein wussten, hatten wir uns trotzdem dazu entschieden, Silvester in Bangkok zu verbringen, um diese ja wohl doch einmalige Atmosphäre zu erleben. Und ja, es war wirklich einmalig. Aber alles der Reihe nach.

Silvester im Asiatique The Riverfront – eine einmalige Erfahrung

Da die großen Veranstaltungen wie gesagt alle abgesagt wurden, haben wir uns dazu entschieden, den Silvesterabend im Asiatique The Riverfront zu verbringen.

Beim Asiatique The Riverfront handelt es sich um ein riesiges Areal direkt am Fluss, das im Stil eines Hafens mit Warenhäusern und Lagerhallen gebaut ist und erst 2012 eingeweiht wurde. Neben hunderten Einkaufsläden und Restaurants findest Du hier auch unterschiedliche Theater und sogar ein Riesenrad. Besonders die Hafenpromenade direkt am Fluss entlang ist wunderschön und lädt zum Spazieren oder einfach nur Dasitzen und aufs Wasser schauen ein.

Wie immer haben wir uns zur Feier des Tages wieder einmal für italienisches Essen entschieden – Pizza. Ohne Werbung für die Pizzeria machen zu wollen, hatten wir dort unsere besten Pizzen, die wir je außerhalb von Deutschland oder Italien gegessen haben – und wir haben schon sehr viele probiert. Es war ein Traum.

Die Zeit verging im Asiatique bis kurz vor Mitternacht wie im Flug. Je mehr wir uns aber Mitternacht näherten, desto mehr erhöhte sich die Spannung. Was würde um Mitternacht passieren? Wir hatten mit etlichen Leuten gesprochen, aber niemand wusste etwas. Würde es vielleicht doch ein Feuerwerk geben? Die spannendsten Gerüchte kursierten. Ab 23:00 Uhr fingen die Leute dann an sich an der Flusspromenade zu versammeln, voller Erwartung auf – ja was eigentlich? Niemand wusste das so richtig.

Irgendwann war es dann 23:30 Uhr. Wir hatten inzwischen auch einen Platz auf dem Boden in der 3. Reihe der Promenade gefunden. Das erinnerte schon sehr an Silvester in Hong Kong, als Martin mit Kommilitonen voller Vorfreude auf das Feuerwerk stundenlang an der Flusspromenade vor der Skyline ausgeharrt hat. Hier in Bangkok waren es aber nicht Vorfreude, sondern vielmehr Neugier und pure Erwartung auf das, was später passieren würde.

Der Silvester-Countdown im Asiatique The Riverfront

23:50 Uhr. Es war deutlich ruhiger geworden. Spannung lag in der Luft. Plötzlich begannen einzelne Personen aufzustehen – die Menge tat es ihnen gleich. Was war da? Hatten wir etwas verpasst? Ging es doch gleich los? Gespannt scannten wir den Himmel und das Wasser ab, konnten aber nichts entdecken. War alles also doch nur ein falscher Alarm?

23:55 Uhr. Immer noch war nichts passiert.

23:58 Uhr. So langsam wurde die Menge ungeduldig. Stimmte es also doch: kein Feuerwerk? Dann vielleicht wenigstens ein Countdown auf einem der Leuchtdisplays der Wolkenkratzer in der Umgebung? Doch wir konnten nichts finden –  immer wieder nur die Werbung zum neusten iPhone.

23:59 Uhr. Unsicherheit und irgendwie auch Ernüchterung machten sich breit. Es passierte einfach nichts. „Das gibt‘s doch nicht!“, hörten wir neben uns.

23:59 und 48 Sekunden. Silvester ohne Countdown, das kann es wirklich nicht geben. Ob aus Enttäuschung oder Trotz, wir wissen es nicht, wahrscheinlich eine Mischung aus beidem, begann die Menge in diesem Moment einfach selbst den Countdown zu zählen. 10 – 9 – immer mehr Menschen stimmten mit ein – 8 – 7 – keine Musik im Hintergrund – 6 – 5 es klang wie ein Sprechgesang – 4 – 3 – uns lief es kalt den Rücken hinunter – 2 – 1 – Stille. Nichts. Keine Rakete am Himmel, keine offizielle Ansage, nichts – nur Stille. Niemand sagte etwas. Alle standen einfach nur da und schauten sich verblüfft an.

Was war da gerade passiert? War das gerade Silvester? Einige fingen an zu klatschen. Wir klatschten mit. Es war so surreal.

5 Minuten später war die Flusspromenade, an der davor noch mehrere Tausend Menschen gestanden hatte, fast komplett leer – bis auf uns. Wir standen noch zusammen am Pier, schauten auf den Fluss und stellten fest: Das war das merkwürdigste Silvester, das wir jemals erlebt haben.

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